(p.190) Wir Menschen lieben nicht alle Haustiere; manche sind uns unsympathisch, andere hassen wir, weil sie höchst schädliche Kulturfolgen sind. Wir dulden nicht, dass sie sich bei uns einnisten; wir töten sie, wo immer wir ihrer habhaft werden, und jedes Mittel ist uns recht. Jedes? Selbst auf die Gefahr hin, nun für übersentimental gehalten zu werden, will und muss ich widersprechen. Auch die Schädlinge sind Lebewesen mit Empfindungen für Lust und Schmerz. Niemand bestreitet, dass wir sie vernichten müssen; aber es soll schnell geschehen und ohne vermeidbare Quälerei. So sehr mich schon beim Angucken meiner Kindheits- Bilderbücher die Fliegen geärgert haben, ihretwegen nahm ich manche Ohrfeige der Mutter in Kauf, zupfte die Stubenfliegen immer wieder vom ‘Muckenhut’ ab, weil ich gemerkt hatte, dass sie sich wirklich stundenlang am gelben Leim zu Tog zappelten. Viel mehr als alle Brummer hasste ich die langen Fliegentüten meines Elternhauses! Am schlimmsten seit der Zeit, als ich in einer Juni-Mondnacht durch wilden Radau erwalte: die Hängelampe tanzte, der darunter befestigte Fliegenfänger auch und – eine am Leim klebende Fledermaus. Ich bitte um Entschuldigung, dass ich solch unappetitlich Geschichte erzähle. Es muss sein, weil auch dabei einiges richtiggestellt werden kann. »Wozu gibt es solches Geschmeiß? Warum muss sich das Ungeziefer bei uns einquartieren? « Man könnte salopp antworten: »Weil wir Menschen sie anziehen«. Aber richtiger ist doch die fachliche Beziehung ‘Kulturforger’. Darunter versteht man jene Tierarten, die sich dem Menschen und seinen Kultureinrichtungen anpassen und ihm in jede neue anpassen und ihm in jede neue Siedlung folgen. (Es gibt auch Kulturfolger-Pflanzen, z.B. Nessel.) Manche Kulturfolger-Tiere mögen wir: die Tauben, Amseln, den Hausrotschwanz, das Eichhörnchen. Aber schon beim Haussperling, bei den Fledermäusen,
(p.190) Krähen, Elstern und Siebenschläfern wird es Problematisch und ganz schlimm bei den Schmarotzern innerhalb der Hausmausen. Wehe der Speisekammer, in die sich Mäuse Eingang verschaffen! Dabei begnügen sich die kleinen grauen Nager nicht allein mit Wurst und Speck; sie knabbern in der Bibliothek auch Lederrücken der Buchenbände an. Also Fallen aufstellen, doch keine langquälerischen! Ich finde nämlich das Mäuslein, einzeln betrachtet, fast sympathisch! Wesentlich bedrohlicher sind die Ratten, die viel mehr zerstören und überdies als gefährliche Seuchen-Übertrager erkannt wurden. Die ursprünglich aus mitteleuropäische Menschen fast allein plagende Hauratte wird allmählich von ihrer aus Asien stammenden Verwandten, der etwas größeren Wanderratte, vernichtet. Der Vollständigkeit wegen erwähne ich noch die weißen Ratten und Mäuse, die völlig zahm werden und aus liebenswürdige Haustiere die Gunst vieler Menschen errungen haben. Wir müssen uns aber jetzt mit unsympathischen Haustieren befassen, und deshalb gehen wir zu den Insekten, auch zu anderen sogenannt niederen Tieren. Halt, ich möchte erst noch ein Lurchtuer in Schutz nehmen, die fast allgemein verabscheute Kröte! Zunächst: wenn wir im Keller eine große Erdkröte entdecken, ist keineswegs mit Absicht dorthin gegangen; sie fiel zufällig durch den Außenschacht und muss nun, hungrig, suchen, bis sie eine Schnecke, einem Wurm findet. Abergläubische Menschen dichten der Kröte ekelhafte und gefährliche Eigenschaften an. Sie ist jedoch nützlich, und wenn man sich mit einer Kröte vorurteilslos beschäftigt, entdeckt man vieles Interessante an ihr. Wer weiß, am Ende gar einiges Schöne und Sympathische! Schreien Sie also nicht entsetzt auf, liebe Hausfrau, wenn beim Kartoffel- oder Kohlen-Heraufholen eine dicke ‘Padde’ vor Ihrem Schuh erscheint. Tragen Sie das Tier auf einem Schäufelchen ins Freie, falls es draußen warm ist; gönnen Sie dem stillen Gast zur Winterszeit das unterirdische Notquartier. Jetzt aber endlich
(p.192) zu den bei uns lebenden Schädlings-Insekten! Wir leider nicht wenige zur Auswahl, den Nohnen-, Erbsen- und den Linsenkäfer, die Schaben, das flinke und fast harmlose Silberfischchen, Käsemilben, Zucken, Spinnen, Stechmücken und Kleidermotten. Sie, die zuletzt erwähnten Kleinschmetterlinge, tun uns nichts Böses; ihre Kinder, die Räupchen, machen mit Ausdauer die bekannten Mottenlöcher, weil tierische Gewebe und Fellhaare ihre Lieblingsspeisen sind. Noch andere Schädlinge zeigen sich: die kleinen Phalao-Ameisen, die zu Hunderten plötzlich vom Garten ins Haus kommen, eine Zuckerdose überfallen, einen Honigtopf, und schnell wieder verschwinden. Hartnäckiger bleibt die Stubenfliege bei uns, und am schlimmsten ist jener Haushalt geplagt, in dem sich Flöhe, Läuse oder gar Wanzen eingenistet haben. Ich begnügte mich mit dieser Aufzählung; Professor Karl v. Frisch offenbart uns in seinem Buch ‘Zehn kleine Hausgenossen’ eine Fülle von Erstaunlichem darüber, von Wissenswertem. Ich will noch die Hausgrille erwähnen, deren ‘Geläut’ viele Menschen ärgert. In China wirt sie fast als heilig verehrt; aber damit kommen wir zum nächsten Kapital.
*pic 203/204 Die Hausmäuse balancieren sich über abgeknabberte Äpfel erfolgreich an den noch geschätzteren Wurstzipfel heran. Daneben sieht man deutlich den großen Saug- und Spritzrüssel der käse-liebenden Stubenfliege.
Wir Menschen lieben nicht alle Haustiere;
私たち人間は全ての生き物を愛するわけではない。
manche sind uns unsympathisch, andere hassen wir, weil sie höchst schädliche Kulturfolgen sind.
あるものは私たちを不愉快にするし、あるものはとても有害だったり、
文化的に「どうなの?」という感じなので、憎しみを抱いたりする。
Wir dulden nicht, dass sie sich bei uns einnisten;
奴らが私たちの生活の傍に巣を作ることを私たちは我慢できない。
wir töten sie, wo
immer wir ihrer habhaft werden, und jedes Mittel ist uns recht.
もし、私たちが奴らを捕まえたら、その場で殺すし、そのことに関して
概ね間違っているとは思わない。
Jedes? Selbst auf die
Gefahr hin, nun für übersentimental gehalten zu werden, will und muss ich widersprechen.
概ね正しい?自分たちで危険の中に突っ込み、それに対して過度に感傷的に
なっている人に対して、私は異論を唱えたいし、唱えねばならない。