(p,94)Lebenslust, eine überschäumende, auch eine still versonnente Daseinsfreunde künden uns diese Bilder. Ich kenne mich recht gut aus mit jungen Rossen; aber am beglückendsten war wohl der Frühling im Kendinger Land, als Maienwind über den dort kilometerbreiten Elbstrom wehte und die Marschenhöfe fast unsichtbar wurden durch den schimmernden Blütenschnee der Obstbäume. »Warum steht mitten in der großen Tenne ein Feldbett?« Der Altbauer zeigt auf die Strohschütte neben dem Lager. »Das ist das Wochenbett unserer Pferde. Wenn die Zeit gekommen ist, bringen wir die Stute aus der engen Box hierher, damit die sich frei bewegen kann und das neugeborene Füllen sich nicht unter der Krippe verklemmt. Manchmal stimmt der errechnete Termin nicht. Je länger es dauert, um so wahrscheinlicher, dass man eingreifen muss. Also bleibt der Großknecht dabei, schläft auch neben der werdenden Mutter.« - Gestern hat nun die letzte Stute gefohlt. Am Strickhalfter werden sämtliche Pferdemütter über den Hofgeführt, und neben jeder trippelt aufgeregt das dazugehörende Kind, schnuppert, drängt hinein in die neue, wundersame Welt. »Vorsicht! Zunächst musst Du die grasbestandene Schräge des Deiches hinauf, droben eine Weile entlang, jenseits hinunter, dann über eine klappernde Bohlenbrücke. Jetzt kommst Du durchs Gattertor mitten in die ’Seligkeit’!« Wir Menschen legen uns am besten flach ins Gras, damit wir, ohne zu stören, genießen können, was der Augenblick uns bietet. Dort das staksige Fuchsfohlen, erst 4 Tage alt! Seine schmale Körperlichkeit kann unmöglich schon die stürmisch pulsierende Lebenskraft meistern. Vor allem sind die Beine viel zu lange. He, ein Luftsprung, jäh aus dem Neben-der Mutter-Herschreiten! Gelandet, bleibt man stocksteif stehen, dreht das kantige Köpfchen rückwärts, spielt mit den Ohren, und weil eben der Wind den Schweif der Stute zaust, die langen Haare kitzelnd gegen das Fohlen flattern lässt, wird der Pferdezwerg zu einem Vulkan von Temperament. Bockend, beineschlegelnd jagt das Hengstlein im Kreis um seine Mutter!